Ein entsorgter Täter
20. Juli 2022
Nach 50 Jahren stellt Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen gegen Naziverbrecher Alois Brunner ein
Von Ulrich Schneider (jW)
Es hatte schon etwas Absurdes, als die Kölner Staatsanwaltschaft am Freitag verkünden ließ, dass die Fahndung nach dem Naziverbrecher Alois Brunner offiziell eingestellt sei. Immerhin wäre Brunner, geboren 1912 im damaligen Österreich-Ungarn, im April 110 Jahre alt geworden. Skandalös war jedoch eine Bemerkung, die Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn am Rande machte: Das Verfahren gegen Brunner sei seit den frühen 1970er Jahren in Köln anhängig gewesen. 50 Jahre lang also ermittelte die Staatsanwaltschaft – ohne Ergebnis?
Zur Person: Alois Brunner war ohne Übertreibung einer der Mitorganisatoren der faschistischen Massenverbrechen. Schon im November 1938 wurde Brunner der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien zugeteilt, nachdem er zuvor im faschistischen Deutschland in der »österreichischen Legion« den »Anschluss« Österreichs mit vorbereitet hatte. Als Leiter der Zentralstelle organisierte Brunner ab 1941 die Deportation der Wiener Juden in Ghettos und Vernichtungslager im Osten. Am 9. Oktober 1942 meldete er, damals im Rang eines SS-Hauptsturmführers, dass Wien »judenfrei« sei, was bedeutete, dass 180.000 jüdische Wiener entweder geflohen oder bereits in den sicheren Tod geschickt worden waren.
Hier geht es zum Artikel in der jW: https://www.jungewelt.de/artikel/430863.verschonte-faschisten-ein-entsorgter-t%C3%A4ter.html