Der Professor und die Viererbande
4. Mai 2021
Vergangenheitsbewältigung Wie Nazi-Juristen um Hans Carl Nipperdey das deutsche Arbeitsrecht bis heute prägen von Rolf Geffken
Kürzlich brachte der MDR einen Beitrag, der auf Recherchen von Martin Borowsky basierte, einem Richter am Erfurter Landgericht. Es ging in dem sicherlich gut gemeinten Beitrag um die Nazivergangenheit vieler einstiger Richter am Bundesarbeitsgericht (BAG), das seit 1999 seinen Hauptsitz ebenfalls in Thüringens Hauptstadt hat. Das Erstaunliche und zugleich Beängstigende an diesen Recherchen war, dass ausgerechnet Hans Carl Nipperdey fehlte. Dieser Mann war dem Autor wohl entgangen. Und das, obwohl er nicht bloß Mitglied der NSDAP gewesen war, sondern als Jurist das Arbeitsrecht der Nazis ganz maßgeblich geprägt hatte – und nach 1945 unter anderem als Präsident des BAG dafür sorgte, dass das faschistische Arbeitsrecht in der Bundesrepublik erhebliche Fortwirkung entfalten konnte.
Dass dem Rechercheur also der eigentliche Täter entging, ist schon an sich bemerkenswert. Folgerichtig, aber kaum verzeihlich ist es dann, dass Borowsky die inhaltlichen Spuren des Faschismus im Arbeitsrecht nicht zu erkennen vermag. Offenbar ist selbst diesem geschichtsinteressierten Juristen die Rechtsprechung des BAG dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, dass er diese aus seiner Betrachtung ausgenommen hatte.
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