Politische Entwicklung in der Corona-Krise
15. Mai 2020
Mit Sorge erfüllt uns, dass einige Regierungen die Gelegenheit der Pandemie nutzen, um antidemokratische Herrschaftsstrukturen zu etablieren, die auch nach dem Ende der Corona-Maßnahmen die demokratischen Rechte und Freiheiten existenziell bedrohen. Die ungarische Regierung lässt sich mit Notstandsrechten ausstatten, die es ihr ermöglicht, gegen demokratisch legitimierte oppositionelle Regionsverwaltungen und Bürgermeister ihre Pläne durchzusetzen. Während die Einschränkungen von antifaschistischen Erinnerungsveranstaltungen überall mit Gesundheitsrisiken begründet durchgesetzt wurden, beseitigte zum gleichen Zeitpunkt die Stadtverwaltung in Prag das Konev-Denkmal.
In allen europäischen Ländern erleben wir, dass durch die Corona-Maßnahmen Arbeiter und Angestellte Lohneinbußen hinnehmen müssen. Kleinunternehmer insbesondere im Tourismus erleiden enorme Verluste, Kulturschaffende aller Bereiche stehen vor dem persönlichen Ruin. Für multinationale Konzerne wurde bereits Hilfe angekündigt. Aber wenn Europa durch diese Pandemie nicht unreparierbaren Schaden erleiden soll, dann benötigen wir eine Politik, die erkennbar den Interessen der Menschen auf diesem Kontinent dient und nicht allein eine Umverteilung zur Rettung der Großunternehmen darstellt.
Die sich aus diesen Problemen ergebende Unzufriedenheit wird in verschiedenen Ländern von Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretikern genutzt, um nicht nur gegen die medizinisch sinnvollen Maßnahmen zu protestieren, sondern um die Autorität der Regierungen zu untergraben. In Italien versucht Matteo Salvini und seine Lega die Unzufriedenheit von Menschen in weniger betroffenen Regionen für sich auszunutzen. In Deutschland warnen Antifaschisten bereits vor „verschwörungsideologischen Massenversammlungen“. Hier mobilisieren die AfD und andere extreme Rechte – gemeinsam mit „besorgten Bürgern“ – zu Aufmärschen gegen die Corona-Maßnahmen. Bei diesen Aktionen kam es mehrfach zu Gewalt von Neonazis und Hooligans gegen Polizisten wie in Chemnitz, Dortmund oder Pirna.
Bei solchen Entwicklungen wird zunehmend vergessen, wer eigentlich die größten Opfer der Corona-Pandemie in Europa sind, nämlich die Flüchtlinge, die z.B. auf den griechischen Inseln oder in überfüllten Übergangseinrichtungen zusammengepfercht sind. Während für alle Bürger ein „Abstandsgebot“ gefordert wird, müssen sie unter Bedingungen leben, bei der die Ansteckung fast schon zwangsläufig ist. Gleichzeitig wird ihnen in der rassistischen Propaganda die Schuld an der Ausbreitung des Corona-Virus gegeben.
Antifaschismus beweist sich heute im Eintreten gegen rechtspopulistische Verschwörungstheorien und in der Hilfe für die Schwächsten der Opfer dieser Corona-Krise. Die FIR und ihre Mitgliedsverbände treten ein für eine internationale Zusammenarbeit, die gemeinsam Fortschritte in der Bekämpfung des Corona-Virus ermöglichen, z.B. durch die Entwicklung von Impfstoffen oder medizinische Hilfe in besonders betroffenen Ländern.