Die Welt gedenkt des 75. Jahrestages der Befreiung – trotz Corona
8. Mai 2020
Nachdem am 25. April die italienischen Antifaschisten über alle Generationen hinweg im ganzen Land mit dem gemeinsamen Gesang der Hymne der Partisanen „Bella Ciao“ ein großartiges Signal der Lebendigkeit der antifaschistischen Ideale gesendet haben, sind in diesen Tagen in ganz Europa Gedenkaktivitäten der Antifaschisten sichtbar.
In Frankreich hat die Entscheidung von Präsident Macron, alle offiziellen Gedenkaktivitäten zum 8. Mai abzusagen, zu öffentlichen Protesten bis hinein ins konservative Lager geführt. Nun soll es – ausgehend von gesellschaftlichen Gruppen und antifaschistischen Politikern – zumindest offizielle Kranzniederlegungen ohne breite öffentliche Beteiligung geben.
In Deutschland zeichnete sich schon in den vergangenen Tagen ab, dass es öffentlich sichtbare Erinnerungsaktionen geben wird, selbst wenn das Abstandsgebot die traditionellen Veranstaltungen einschränken. Bereits am 2. Mai fand in Berlin eine gemeinsame Kranzniederlegung der Stadtregierung mit dem russischen Botschafter anlässlich des militärischen Sieges der sowjetischen Streitkräfte in Berlin statt. Weitere Botschafter der ehemaligen Sowjetrepubliken beteiligten sich an diesem offiziellen Gedenken. Auch in Greifwald wurden am sowjetischen Ehrenmal Kränze niedergelegt und am 8. Mai im Treptower Park.
Allein der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, provozierte einen Skandal, als er die Einladung von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) zum Gedenken an das Kriegsende zurückgewiesen mit der Begründung, dass ja auch die Teilnahme des russischen Vertreters geplant ist. Das sei für ihn der „schlimmste Albtraum“.
Am 7.Mai übergaben Vertreter der VVN-BdA 95.000 Unterschriften einer Petition „Der 8. Mai muss Feiertag werden“ in Berlin an Abgeordnete des Deutschen Bundestages.
Am 8. Mai selber sind an weit über 50 Orten in Deutschland von antifaschistischen Bündnissen Gedenkkundgebungen angemeldet worden, die trotz Corona-Beschränkungen stattfinden werden.
In Österreich legten der Bundespräsident und die Staatsregierung in der KZ Gedenkstätte Mauthausen Kränze nieder. Auch die antifaschistischen Verbände werden in diesen Tagen in Mauthausen und den zahllosen Außenlagern durch symbolische Gedenkaktionen deutlich machen, wie wichtig ihnen der Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg ist.
In den Niederlanden haben die Menschen an den traditionellen Gedenk- und Feiertagen am 4. und 5. Mai ihre Häuser geflaggt und am 4. Mai durch Kranzniederlegungen in kleinerem Rahmen der Opfer des Krieges und der Verfolgung gedacht.
Auch in Ungarn wird es in Budapest am 8. Mai am antifaschistischen Mahnmal – initiiert vom Verband der Widerstandskämpfer und Antifaschisten MEASZ – eine Form des Erinnerns geben. Zwar hat die Polizei jede öffentliche Versammlung verboten, aber zahlreiche gesellschaftliche Organisationen und prominente Persönlichkeiten des Landes werden dort individuelle Blumen oder Gestecke niederlegen.
In vielen weiteren europäischen Ländern gibt es solche gesellschaftlichen Initiativen. Sie zeigen, dass die Erinnerung an den welthistorischen Sieg der Anti-Hitler-Koalition und die Frauen und Männer, die ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Freiheit dafür eingesetzt haben, lebendig bleibt. In einer Videobotschaft auf facebook erklärte der Generalsekretär der FIR:
„In diesem Jahr müssen wir die Tage der Befreiung, den Tag des Sieges virtuell, in unseren Gedanken, unseren Herzen begehen. Dennoch ist es sicher, dass unsere gemeinsame Überzeugung es ermöglich, die Welt in eine friedliche und solidarische Zukunft zu führen – Antifaschismus bleibt unsere Aufgabe heute und morgen.“